Die Eheleute E und F setzten sich in einem notariellen Erbvertrag gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmten ihre drei Kinder zu Schlusserben. Der Erbvertrag enthielt eine Pflichtteilsstraf- und eine Öffnungsklausel, wonach der Längstlebende die Schlusserbenbestimmung nach dem Tod des Zuerstversterbenden ohne jede Einschränkung abändern durfte. Nach dem Tod der F heiratete E wieder und errichtete ein handschriftliches Testament. Darin setzte er die A „zur Alleinerbin – Vorerbin“ ein. In diesem Testament hieß es weiter: „Sollte eines meiner Kinder auf der sofortigen Auszahlung des Pflichtteils bestehen, soll es nach dem Ableben der Vorerbin auch nur den Pflichtteil erhalten.“ Nach dem Tod der A beantragten die drei Kinder einen gemeinschaftlichen Erbschein aufgrund der eingetretenen Nacherbfolge (Tod der A) als Miterben zu je 1/3. Dem ist der Bruder von A entgegengetreten, weil er aufgrund eines eigenen Testaments der A deren Erbe geworden sei. Zu Recht?
Das OLG Zweibrücken (6.3.25, 8 W 22/24, Abruf-Nr. 247521) hat klargestellt, dass sich die Erbfolge nach dem handschriftlichen Testament des E richtet. Der Erbvertrag stehe dem nicht entgegen. Aufgrund der Öffnungsklausel war der E nach dem Tod seiner ersten Ehefrau befugt, eine neue Regelung der Erbeinsetzung nach seinem Tode vorzunehmen. Das OLG Zweibrücken geht davon aus, dass der E mit dem eigenhändigen Testament seine zweite Ehefrau A als Vorerbin und seine drei Kinder als Nacherben einsetzen wollte. Dies ergebe die Auslegung des Testaments, in dem ausdrücklich der Begriff „Vorerbe“ verwandt wurde, auch wenn nicht ausdrücklich Nacherben benannt waren.
Dass Nacherben die Kinder des E sein sollten, ergebe sich aus dem zweiten Satz des Testaments. Denn die Strafklausel – wonach dasjenige Kind, das „auf die sofortige Auszahlung des Pflichtteils bestehen“ sollte, „nach dem Ableben der Vorerbin auch nur den Pflichtteil erhalten“ solle – ergibt nur Sinn, wenn der Erblasser die Einsetzung aller drei Kinder als Nacherben gewollt hat. Sonst hätte es „nach dem Ableben der Vorerbin“ nämlich keinen „Erbfall“ gegeben, für den der Erblasser seine Kinder „auf den Pflichtteil“ hätte setzen können.
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vor 4 Wochen

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