Wie das Finanzamt Steuerhinterzieher findet
Veröffentlichungsdatum:
01.11.2024
Autor:
Martin Schrahe
Erschienen in: Herforder Kreisblatt
Wie das Finanzamt Steuerhinterzieher findet
Wenn der Betriebsprüfer zweimal klingelt, dann ist es für eine strafbefreiende Selbstanzeige zu spät. Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist bereits nach der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nicht mehr möglich. Wichtig: Sogenannte gestückelte Selbstanzeigen bezüglich einer Steuerart führen nicht zur möglichen Strafbefreiung. Der Steuerpflichtige muss sich vollständig offenbaren, wenn er straffrei bleiben will.
In den meisten Fällen können die Betriebsprüfer ihre Fälle ohne Einleitung eines Steuerstrafverfahrens – mit teilweise erheblichen Mehrergebnissen – abschließen, denn häufig werden Dinge übersehen, Dokumente nicht mit der gebotenen Sorgfalt erstellt oder Gesetze falsch oder nicht umgesetzt. Dies geschieht häufig ohne der Absicht Steuern zu hinterziehen.
Die Beamten haben über die Betriebsprüfungen hinaus, zahlreiche Möglichkeiten, an Informationen zu kommen und nutzen diese Möglichkeiten auch.
Neben einer Prüfungssoftware nutzt die Finanzverwaltung zahlreiche andere Informationsquellen. Finanzbeamte lesen die Tageszeitung recherchieren im Internet und bei Instagram & Co. Jede Steuererklärung wird durch das elektronische Risikomanagementsystem „gestreamt“. Die Software gleicht die Erklärung mit vorliegenden Kontrolldaten ab und zeigt sogenannte „red flags“ auf, also Hinweise die Nachfragen oder eine Prüfung vor Ort auslösen. Bereits ein „alter Hut“ sind die Kontoabfragen bei den Banken, diese wurden allein im Jahr 2023 rund 1,4 Millionen mal ausgelöst. Ebenfalls zum Standardrepertoire gehört das Anfertigen von Kontrollmitteilungen bei Betriebsprüfungen. Die Betriebsprüfer schicken dem Finanzamt des Zahlungsempfängers eine Kontrollmitteilung, mit der Frage, ob sich die Ausgaben beim Empfänger – spiegelbildlich als Einnahmen wiederfinden.
Eine gesetzliche Meldepflicht besteht für Notare. Diese sind zum Beispiel verpflichtet, dem Finanzamt alle beurkundeten Immobilientransaktionen, aber auch die Übertragung von Anteilen an GmbHs, sowie die daran beteiligten Personen mitzuteilen. Kreditinstitute sind verpflichtet, dem Finanzamt beim Tod ihres Kunden unaufgefordert den Stand der Konten und des Wertpapierdepots zum Todestag mitzuteilen, sofern ein Betrag von 5.000 € überschritten wird. Ebenso muss die Existenz eines Schließfaches angezeigt werden. Ähnliche Anzeigepflichten haben Vermögensverwahrer, Vermögensverwalter und Versicherungsunternehmen. Darüber hinaus besteht ein automatischer Konteninformationsaustausch mit inzwischen 108 Ländern. Bis zum 31.7. eines jeden Jahres melden die ausländischen Geldinstitute die Kontostände ihrer deutschen Kunden an das Bundeszentralamt für Steuern.
Einen gesetzlich geregelten automatischen Datenaustausch gibt es mittlerweile mit Online-Plattformen wie Ebay, Airbnb oder Amazon. Diese Anbieter müssen jährlich die Transaktionsdaten an die Steuerbehörden melden. Eine weitere Möglichkeit besteht für das Finanzamt mit Sammelauskunftsersuchen an steuerrelevante Daten zu gelangen. So wurden im vergangenen Jahr beispielsweise bei der Kryptobörse Bitcoin.de die Transaktionsdaten von rund 4.000 Bitcoin-Tradern abgefragt. Nicht zu unterschätzen ist auch die Aufdeckung von Steuerstraftaten durch anonyme Hinweise an die Finanzbehörden, die meist von entlassenen Mitarbeitern, Ex-Ehepartnern oder getäuschten Geschäftspartnern erfolgen.
Unternehmen, die es mit dem Ausfüllen der Steuererklärungen und -anmeldungen nicht immer so genau nehmen, müssen mit dem besonderen Augenmerk der Finanzbeamten rechnen. Dies kann dazu führen, dass Prüfer unangemeldet zur Umsatzsteuernachschau erscheinen. Wenn Steuerbescheide mit dem Hinweis: „Der Bescheid ergeht nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung“ muss man mit einer Betriebsprüfung rechnen. Diese wird im Regelfall durch eine schriftliche Prüfungsanordnung einige Wochen vor dem geplanten Prüfungsbeginn angekündigt. Besonders häufig auf den Prüfungsplan werden Unternehmen gesetzt, die neu gegründet worden sind, die ihre Rechtsform gewechselt haben oder bei denen ein Gesellschafterwechsel stattgefunden hat.
In jedem Fall sollten sich Unternehmer, deren Betrieb vom Finanzamt geprüft wird, den Rat Ihres Steuerberaters einholen, damit nur die Steuern festgesetzt werden, die unvermeidbar sind. Denn manchmal schießen auch die Betriebsprüfer in Ihrem Eifer über das Ziel hinaus.
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