Berücksichtigung einer von der Nominalbeteiligung abweichenden Gewinnverteilung im Erbfall
Veröffentlichungsdatum:
05.08.2023
Autor:
Martin Schrahe
Erschienen in: Westfalenblatt / Herforder Kreisblatt
Im Regelfall sind die Gesellschafter am Gewinn und am Vermögen einer Personengesellschaft entsprechend der Höhe ihrer Kapitalkonten (Nominalbeteiligung) beteiligt. Dies muss aber nicht immer so sein. Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass eine abweichende Gewinnverteilung bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht zwingend die Aufteilung des Anteilswerts für Erbschaftssteuerzwecke beeinflussen muss.
Um die erbschaftsteuerlichen Freibeträge mehrfach ausnutzen zu können, wird in vielen Fällen ein Teil des Vermögens bereits zu Lebzeiten auf die Kinder übertragen, wobei die Erträge den Eltern auf Lebenszeit vorbehalten bleiben. Bei Gesellschaftsanteilen wird in solchen Fällen häufig kein Vorbehaltsnießbrauch, sondern eine von der nominalen Höhe der Beteiligung abweichende Gewinnverteilung vereinbart. Streitig war die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer, wenn die abweichende Gewinnverteilung zugunsten der vorhergehenden Generation durch Tod endet.
In einer steuerzahlerfreundlichen Entscheidung hat das Finanzgericht Münster (Az. 3 K 3911/18 F) entschieden, dass ein von der Vermögensbeteiligung abweichender Gewinnverteilungsschlüssel bei einer GbR die Verteilung des Werts des Betriebsvermögens nicht unbedingt beeinflussen muss und für Recht erkannt:
„1. Wenn in einem Schenkungsvertrag zwischen der Mutter und ihren Kindern vereinbart wird, bestimmte Vermögensgegenstände auf die Kinder zu einem bestimmten Anteil zu übertragen, und die Schenkung durch die Gründung einer GbR und Einlage der Vermögenswerte mit entsprechenden Beteiligungsverhältnissen vollzogen werden soll, kann die Gewinn- und Verlustbeteiligung abweichend von der Vermögensbeteiligung geregelt werden.
2. Wenn weiter vertraglich vereinbart ist, dass die Gewinnbeteiligung in der GbR wiederum der Vermögensbeteiligung entsprechen soll, falls die Geschäftsführerstellung der Mutter endet, gilt dies zwingend im Todesfall der Mutter.
3. Der gemeine Wert eines Gesamthandsvermögens ist nach dem für die Gesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen.“
Im Streitfall hatte die Mutter mit ihren beiden Kindern eine GbR gegründet und schenkweise diverse Vermögensgegenstände durch Einbringung diverser Vermögenswerte in die Gesellschaft auf diese übertragen. Am Vermögen der GbR war sie zu 5 % und die Kinder jeweils zu 47,5 % beteiligt. Abweichend hiervon waren die Mutter zu 90 % und die beiden Kinder zu jeweils 5 % am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, und zwar solange die Mutter Geschäftsführerin der GbR war. Die Geschäftsführerstellung endete mit dem Tod der Mutter.
Die Regelung im Gesellschaftsvertrag stellt nach Auffassung der Gerichts keine Nießbrauchs ähnliche Gestaltung dar, sondern einen von den Beteiligungsverhältnissen abweichenden Gewinnverteilungsschlüssel. Streitig war, welcher Gewinnverteilungsschlüssel für die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens bei der Bewertung des von der verstorbenen Mutter gehaltenen Anteils in Höhe von 5 % maßgebend ist.
Die abweichende Gewinnverteilung konnte als höchstpersönliches Recht der Mutter nicht durch Erbanfall auf die Kinder übergehen und war mit dem Tod der Mutter erloschen. Folglich war das Beteiligungsverhältnis der Kinder nach dem Tod der Mutter als maßgebender Verteilungsschlüssel für die Bewertung des empfangenen Erbes anzuwenden. Entsprechend ergibt sich für den übertragenen Anteil an der GbR von 5 % lediglich ein Wert, der dieser Beteiligung entspricht, denn das früher an diese Beteiligung von 5 % gekoppelte abweichende Gewinnbezugsrecht von 90 % existierte zum Zeitpunkt des Übergangs nicht mehr.
Zurück zu den Veröffentlichungen