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Veröffentlichungen

Zur Schätzungsbefugnis bei programmierbaren Kassensystemen

Veröffentlichungsdatum: 06.01.2018
Autor: Martin Schrahe
Erschienen in: Herforder Kreisblatt / Westfalenblatt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner jüngeren Rechtsprechung die Rechte der Steuerpflichtigen gegen Hinzuschätzungen durch das Finanzamt insbesondere aufgrund steuerlicher Außenprüfung gestärkt. Viele Steuerprüfer verlangen die Vorlage von Verfahrensdokumentationen, Programmierprotokollen und sonstigen Organisationsunterlagen zu programmierbaren Kassensystemen. Da es immer wieder vorkommt, dass diese Unterlagen nicht oder nicht vollständig vorgelegt werden können, gibt es oft Diskussionen um Hinzuschätzungen mittels sogenannter Sicherheitszuschläge.

Das Fehlen von Programmierprotokollen oder sonstigen Organisationsunterlagen stellt nach der Rechtsprechung des BFH einen gewichtigen formellen Mangel dar, der grundsätzlich eine Schätzungsbefugnis eröffnet. Weist der Steuerpflichtige jedoch nach, dass im konkreten Einzelfall das von ihm eingesetzte Kassensystem trotz Programmierbarkeit keine Manipulationsmöglichkeiten bietet oder dass das von ihm genutzte Kassensystem nicht manipuliert wurde ist keine Schätzungsbefugnis gegeben (BFH, Urt. v. 25.03.2015, X R 20/13 / BFH, Beschluss v. 11.01.2017, X B 104/16). Bei bargeldintensiven Betrieben können Mängel in der Kassenbuchführung die gesamte Ordnungsmäßigkeit der Buchführung infrage stellen (BFH, Urt. v. 20.03.2016, X R 11/16).

Nach den Entscheidungen des BFH vom 25.03.2015 (X R 20/13) und vom 25.07.2016 (X B 213/15) muss das Finanzamt für eine rechtmäßige Hinzuschätzung im Regelfall dem Steuerpflichtigen die der Schätzung zugrunde gelegten Kalkulationsgrundlagen offenbaren. Darüber hinaus muss die Plausibilität der Schätzungen dargelegt werden, damit schlüssige, wirtschaftlich mögliche und vernünftige Schätzungsergebnisse der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Bei der sogenannten griffweisen Schätzung muss der Sicherheitszuschlag in einem vernünftigen Verhältnis zu den erklärten oder nicht erklärten Einnahmen stehen (BFH, 20.03.2016, X R 11/16).

Zunächst ist die sog. Richtigkeitsvermutung zugunsten des Steuerpflichtigen zu beachten. Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Hieraus ergibt sich zugleich eine Beweislastverteilung. Die Finanzbehörde muss nachweisen, dass im Einzelfall Umstände vorliegen, die dazu führen, dass die Buchführung und Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können. Im Fall geringfügiger Mängel der Buchführung ist eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht ohne Weiteres die unmittelbare Rechtsfolge. Vielmehr müssen die Mängel in der Buchführung so schwerwiegend sein, dass sie Anlass dazu geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Dies ist eine Auslegungsfrage, die jedoch vollumfänglich gerichtlich überprüfbar ist. Der BFH prüft die Frage der Schätzungsbefugnis in mehreren Stufen. Insbesondere ist danach nach formellen Mängeln und materiellen (sachlichen) Mängeln zu unterscheiden. Nur wenn formelle Mängel von hinreichendem Gewicht nicht nur vermutet werden, sondern nachgewiesen werden und nicht durch anderweitige, zumutbare, Ermittlungen beseitigt werden können, kann die Richtigkeitsvermutung widerlegt werden. Es kommt also auf die materielle Richtigkeit der Buchführung an. Formelle Mängel sind allein kein Grund, die sachliche Unrichtigkeit generell zu unterstellen und Zuschätzungen vorzunehmen. Wurden materielle Mängel der Buchführung nur als grundsätzlich möglich bzw. denkbar plausibel gemacht und nicht konkret nachgewiesen (z. B. Kasssenminusbestände) trägt die Beweislast insoweit das Finanzamt. Eine ordnungsgemäße Schätzung muss drei Kriterien erfüllen: Benennung der verletzten Rechtsnorm, Angabe der Tatsachen, aus denen die Verletzung der Rechtsnorm folgt, Gewichtung des Buchführungsmangels im konkreten Einzelfall. Dabei ist die Unterscheidung zwischen formellen und materiellen Mängeln von zentraler Bedeutung. Entscheidend ist das Buchführungsergebnis. Allein das offene Zutagetreten eines formellen Mangels lässt für sich genommen nicht zwingend den Schluss zu, dass auch das Ergebnis der Buchführung fehlerhaft ist. Hieraus folgt eine wichtige Einschränkung, die die Rechtsprechung vornimmt: Eine Schätzungsbefugnis ist bei formellen Mängeln nur insoweit gegeben, als sie Anlass geben, auch die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Die Betriebsprüfer müssen auch bei fehlerhaften Buchführungen im Rahmen des Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise ermitteln und nicht nur das rechnerische Ergebnis mitteilen, sondern auch darlegen, wie sie zum konkreten Sicherheitszuschlag gekommen sind, um den Steuerpflichtigen eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen.

Erschienen im Herforder Kreisblatt / Westfalen-Blatt am 06.01.18

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