Steuerermäßigung nach § 35a EStG bei ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen
Veröffentlichungsdatum:
06.08.2022
Autor:
Martin Schrahe
Erschienen in: Westfalenblatt / Herforder-Kreisblatt
Für Aufwendungen für Pflege- und Betreuungsleistungen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen auf Antrag um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens aber um 4.000 € p. a.
Darunter fallen Pflege- und Betreuungsleistungen und die in den Kosten für die Unterbringung im Pflege- oder Betreuungsheim enthaltenen Aufwendungen, die mit solchen für eine Hilfe im Haushalt vergleichbar sind. Pflege- und Betreuungsleistungen sind personen- sowie haushaltsbezogene Dienstleistungen, die zu den im Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufgeführten Pflege- und Betreuungsleistungen zählen. Hierzu gehören neben diversen Pflegemaßnahmen auch Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung, wie Einkaufen, Kochen oder die Reinigung der Wohnung.
In seiner grundlegenden Entscheidung vom 12.04.2022 hat der Bundesfinanzhof zur Steuerermäßigung bei ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen folgendes entscheiden:
Pflege- und Betreuungsleistungen sind insbesondere Maßnahmen der unmittelbaren Pflege am Menschen (betreffend Körperpflege, Ernährung und Mobilität) sowie Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung (wie Einkaufen, Kochen und Reinigung der Wohnung).
Die Steuerermäßigung kann auch von Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, denen Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten erwachsen. Dies gilt auch dann, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person erbracht werden.
Für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für ambulant erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen ist weder Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine auf ihn ausgestellte Rechnung erhält, noch in den Zahlungsvorgang ein Kreditinstitut eingebunden ist. Es muss sich jedoch um eigenen Aufwand handeln. Sofern lediglich Drittaufwand vorliegt, kann keine Steuerermäßigung beansprucht werden. Begünstigt sind Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen, auf Grund eigener Verpflichtung entstanden sind und von diesem auch bezahlt werden.
Im Urteilsfall war die Abziehbarkeit von Aufwendungen für die ambulante Pflege zugunsten der nicht im Haushalt der Klägerin, sondern in ihrem eigenen Haushalt lebenden Mutter streitig. Den Pflegevertrag hatten sowohl die Mutter als auch die Tochter abgeschlossen. Die an die Mutter adressierten Rechnungen wurden von der Tochter durch Banküberweisung beglichen.
Anders als bei der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, bei denen die Steuerermäßigung nur für die tatsächlich im eigenen Haushalt erbrachten haushaltsnahen Dienstleistungen in Anspruch genommen werden kann, ist dies bei Inanspruchnahme von ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen auch dann möglich, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person erbracht werden.
Fazit: Wird die zu pflegende Person beim Vertragsschluss lediglich vertreten, liegt nicht abziehbarer Drittaufwand vor. Wenn die Steuerermäßigung für ambulante Pflege- oder Betreuungsleistungen für Angehörige beansprucht werden soll, muss der Betreuungsvertrag im eigenen Namen, jedoch zugunsten der zu pflegenden Person abgeschlossen werden.
Zurück zu den Veröffentlichungen